Rede „Wassermarsch“ vom Altdorfer Wald Ravensburg 3. 10. 2025. Von Wolfram Frommlet
Nach Schätzungen der FAO in Rom, der Welternährungsbehörde, leben 1,7 – 2 Milliarden Menschen in Ländern mit unzureichender Wasserversorgung, 2,7 – 4 Milliarden haben wenigstens einen Monat im Jahr kein Wasser. Alles Länder im globalen Süden. Die zahlen schwanken, weil es in diesen Ländern vor allem über Hunger, Wasser, Armut etc. keine zuverlässigen Zahlen gibt. Es gibt physische Ursachen – extremes Klima, das sich im Süden angesichts der primär durch unsere Lebens- und Wachstumsmodelle rapide verschlechtert; und ökonomische – d.h. zu wenig Geld für nachhaltige Entwicklung, konkret: nicht für ländliche Entwicklung; nicht für kleinbäuerliche Landwirtschaft; sondern für Flughäfen, Tourismus, Exportkulturen, Billigprodukte.
Wasser gäbe es genug – zb in Afrika – riesige Flüsse wie der Nil, Lipophil, Sambesi, Kongo, Massai Maar, Niger, Jura doch es fehlt an dezentraler Infrastruktur für die Landbevölkerung die Flüsse werden von ihnen kaum für die Landwirtschaft genutzt. Es gibt riesige Staudämme, doch der Strom geht ausschließlich in die Städte, in die Zulieferindustrien, in Tourismus, in die Bedürfnisse der Mittel-, der Oberschicht also kein Verdienst auf dem Land, kein Brunnenbau, keine Mini-Sammelbecken für die Landbevölkerung Unsere Klimazerstörung führt im globalen Süden, vor allem auf dem Land, zu Wandflucht. Die Jungen gehen in die Städte, dort wird, wenn für die Compounds der Armen überhaupt, das Wasser benötigt. Kein Strom für die Landbevölkerung, für ein besseres Handwerk, eine minimal elektrifizierte kleinbäuerliche Landwirtschaft.
Die Klimakrise, die ein Psychopath wie Donald Trump leugnet, vernichtet die ländlichen Existenzen im Süden. der Trockenheit folgt der Hunger, der Wassermangel. Die Klima-Veränderungen nehmen dramatisch zu, also auch Hunger, die Böden sind müde und die Menschen sind es auch. Landflucht bedeutet Massenarbeitslosigkeit in den Millionenstädten, die Folge: Wassermangel. Teilweise wird Trinkwasser bereits verkauft. Wasser hat im globalen Süden vor allem mit der traditionellen, kleinbäuerlichen Landwirtschaft. zu tun – und mit uns! Und auch mit dem Neo-Kolonialismus der Chinesen:
BEISPIELE
In Uganda bauen die Chinesen die größte Viehzucht und das größte Schlachthaus auf den afrikanischen Kontinent auf. Rind- und Schweinefleisch für die Chinesen. Massivhaltung. Damit auch gigantischer Wasserverbrauch um Kampala auf dem Land, auf dem die Kleinbauern umgesiedelt werden. Wem wird das Wasser entzogen werden, denn es wird nicht mehr Wasser geben? Die Mehrheit der ugandischen Bevölkerung wird sich kein Fleisch leisten können. Ein zweites Beispiel: Brasilien: Etwa 30 Millionen Kleinbauern wurden im Noreste do Brasil ihres Landes beraubt, von ihrem Land vertrieben. in gesamten Globalen Süden von Nahrungs- und Chemiekonzernen wie Cargill, Unilever, Nestlé, Nabisco, Bayer-Monsanto, Chiquita, Tyson Fruit, PepsiCo. Die zu Billiglöhnern degradierten Kleinbauern werden mit Pestiziden und Herbiziden verseucht auf den riesigen Plantagen für Soja, Tapioka, Bananen, Zuckerrohr, Kaffee, Baumwolle und Rinderherden mit unvorstellbarem Wasserbedarf. Für die Dörfer, für die Landlosen, das movimiento sien terra, gibt es kein Wasser mehr. Agrobusiness ohne Kleinbauern, für unsere Schweine, unsere Fleischgier, unsere Avocados und Bananen, unseren Süßkram und die Lederstiefelchen. Ähnlichen Exportirrsinn gibt es u.a. in Kenia: grüne Böhnchen für uns zur Winterzeit. Die Exportböhnchen saugen das Wasser der Kleinbauern auf. Mahlzeit. In Südafrika – Eco-Erdbeeren, künstlich bewässert, die schwarzen Landarbeiter haben kein Wasser in den ghettohaften Wohnvierteln. Erdbeeren. eingeflogen für uns im Dezember. Saatgutkonzerne wie Bayer Science Crop, Bayer Monsanto und Cargill kaufen sich mit zig Millionen Bestechung und mit politischer Erpressung der US-Regierung Landwirtschaftsministerien und die wenigen Universitäts-Institute für Agrarwissenschaften. In indischen Bundesstaaten wie Maharastra begingen und begehen Tausende Kleinbauern, die sich auf die Lügen der Genkonzerne eingelassen haben, BT Cotton werde ihre Gewinne verdoppeln, Massen-Suizide. Dafür hätten sie Laborsaatgut benötigt, abgestimmt auf spezielle Kunstdünger, Pestizide und sündhaft teure Bewässerungsanlagen. Die können sich Kleinbauern nicht leisten. Und die Situation wird noch schlimmer: Diese Konzerne haben zigtausende Saatgutsorten im Süden geraubt, wo sie über Jahrhunderte eine autonome Versorgung mit Nahrungsmitteln ermöglichten, wo die Kleinbauern das Saatgut in enormer Vielfalt untereinander tauschten, es selbst züchteten und veredelten. Eine sogenannte Entwicklungshilfe, die zig Milliarden in Megaprojekten verbrennt, exemplarisch die sog. Bruderhilfe der Chinesen, treibt diese Länder in eine grauenvolle Schuldenkrise.
Das hat entsetzliche Folgen für die Agrarwirtschaft: traditionelle Nahrungsmittel, Böden und Klima angepasst, verschwinden vom Markt – Yams, Süsskartoffeln, Tapioka, hunderte Hirsesorten, Sorghum, angepasste Reissorten, Cassava, Bananen, Kokosfrüchte u.v.a. …und nun werden auch Agrarprodukte für den Export angebaut, um Devisen damit zu bekommen zur Rückzahlung der Schulden.
Monokulturen mit oft patentierten Pflanzen verdrängen die kleinbäuerliche Agrarkultur, hunderte Jahre altes Wissen. Was ich aus den vielen Ländern, in den ich gearbeitet habe, kenne, sind Monokulturen mit künstlicher Bewässerung, mit ungeheuerlichem Wasserbedarf: für unseren exquisiten Geschmack – Ananas, Mangos, Avocados, Kiwi, Papaya, Kokos, Zitrus, Kakao, Tee, Kaffee – alles für die knallhart pokernden Supermarktketten wie Tabisco, Sainsbury, WalMart, Carrefour, Leclerc, Aldi. Aber auch Baumwolle für die Billigklamotten, Rindfleisch, Wälder für IKEA, der Amazonas wird zerfleddert, kann die tropischen Regenfälle nicht mehr speichern, die Zahl der Klimaflüchtlinge steigt ins Gespenstische. Die Flüsse im globalen Süden. haben bedenklich weniger Wasser. Und an den Meeren kommen die traditionellen Fischer mit leeren Booten zurück – weil die schwimmenden Fischfabriken aus Europa, aus Russland und China sich an keine Hoheitsrechte halten und auch in Küstennähe leer fischen, was in ihre Schleppnetze gerät. Ich habe alles, wovon ich hier rede, erlebt.
Indiens international renommierte Aktivistin gegen Gentech, Vandana Shiva, nennt dies Biopiraterie. Sie sagte, „Patente auf Lebensformen stellen ein Attentat auf den natürlichen Artenreichtum dar, den wir Menschen doch brauchen. Wenn es nach bestimmten Konzernen ginge, würde unsere Landwirtschaft bald auf fünf, sechs Sorten reduziert. Die Gentechnik führt zur Versklavung der Bauern“. Deshalb fuhren im Januar 2024 indische Bauern mit 120.000 Traktoren in einem „Marsch auf Delhi“ in die indische Hauptstadt. (schöne Parallele zum etwas kleineren Wassermarsch heute vom Altdorfer Wald) Indiens Präsident Modi will die Öffnung der indischen Landwirtschaft für Konzerne als Teil seines von den USA unterstützten Kurses eines indischen Neoliberalismus. Agrobusiness, das Menschen und Erde auslaugt und mit riesigen ökologischen Schäden Wasser vernichtet. Ein hoffnungsvolles Beispiel noch aus Indien, speziell aus Tamil Nadu: wie überall, wo Pepsi und CocaCola ihre Niederlassungen aufbauen, haben sie ein Monopol auf Milliarden Hektoliter Trinkwasser. einheimische Getränke hatten keine Chance. Bis in die Siebziger Jahre. Da kam es quasi zum Wasserkrieg. Eine indische Firma brachte ein Getränk mit indischen Zutaten und Geschmack auf den Markt. Sie kämpften um das Wasser. Das Getränk Thums UIp wurde ein Riesenerfolg. 1977 verließ CocaCola Indien. Mit unendlich viel Wasser haben auch EU-Nahrungsexporte nach Indien, vor allem aber nach Afrika zu tun. 40% des EU-Budgets fließen in Agrarsubventionen, der Agrarhaushalt ist der mit Abstand größte der EU. Mit diesen Milliardensubventionen werden Tomatenmark aus Italien, die Abfallteile von Tiefkühlhähnchen aus Deutschland, Milchpulver aus Dänemark und Deutschland verbilligt nach Afrika verschifft, um die Tomatenbauern in den Feuchtgebieten, die Geflügelwirtschaft in Ghana und die Milchbauern in Westafrika in den Ruin zu treiben. Die Tomaten für das Tomatenmark werden von illegalen, aber für diesen Zweck in Italien geduldeten afrikanischen Flüchtlingen geerntet. Die Milch stammt aus der mit riesigen ökologischen Schäden erzeugten Überschuss-Produktion auch aus Deutschland. Industrielle Agrarproduktion der EU zerstört kleinbäuerliche Landwirtschaft in Afrika, aber auch, mit Milchpulverexporten in zahlreiche andere Länder des Südens, so nach Indien im Rahmen eines Freihandelsabkommens, weitere Millionen kleinbäuerliche Existenzen im Globalen Süden. Da geht es auch um unvorstellbare Mengen an Wasser bei uns. Welch ein menschenverachtendes System, das Frau von der Leyen großartig findet und die deutschen Bauernpräsidenten auch. Und Herr Müller von Müller Milch, der sich mit Alice Weidel bei der „Walküre“ in Bayreuth ablichten ließ.
Halten wir dagegen.
Danke für euer Engagement, für euren Wassermarsch.